Adolf Koch

Adolf Koch war einer der Vorreiter der Freikörperkultur. Er entwickelte eine nach ihm benannte Form der Gymnastik und war Begründer unseres Vereins.

Adolf Koch wurde am 9. April 1897 in Berlin-Kreuzberg geboren. Von 1903 bis 1911 besuchte er die Volksschule und begann danach in der Präparandenanstalt Kyritz eine Lehrerausbildung, die er 1914 abbrach zugunsten eines Einsatzes als Sanitätssoldat während des Ersten Weltkriegs. Während des Krieges wurde er verschüttet und war seither gehbehindert. Eine Cholerainfektion überlebte er, sie blieb aber nicht ohne Folgen für sein weiteres Leben.

Nach dem Ersten Weltkrieg kehrte er nach Berlin zurück und absolvierte nach sechs Semestern sein Pädagogik-Studium mit anschließenden Fortbildungen in Psychologie, Medizin, Massage und Gymnastik. Adolf Koch wurde Mitglied im Bund Entschiedener Schulreformer und in der SPD. Bereits 1919 erteilte er Gymnastikunterricht in der Volksschule. Zunehmend beschäftigte er sich mit den Ideen der Freikörperkultur, die er auch in den Gymnastikunterricht einbringen wollte. Nicht nur die Befreiung des Körpers aus den Zwängen der Kleidung und die Wirkung des Lichts auf die Haut sowie die Wirkung des gemeinsamen Nacktseins für Selbstachtung und Respekt spielten für Adolf Koch eine Rolle, er erkannte auch, dass sich Haltungsschäden schneller und besser am nackten Körper erkennen ließen.

Im April 1923 nahm Adolf Koch seine Tätigkeit als Lehrer in einer konfessionslosen Moabiter Sammelschule auf. Er versuchte, die Idee der Körperkultur zu verbreiten und im Turnunterricht Gymnastik zu lehren. Sein Bemühen stieß jedoch auf Hindernisse: zu große Schülerzahlen, Nutzung der Halle durch mehrere Klassen, fehlende Freiheiten im Lehrplan und viel Gegenwind aus der Schülerschaft und dem Kollegium.

Anfang Juli 1923 wurden die Elterngruppen für freie Körperkultur gegründet. Es wurde im Freien und in Räumen einer Schule geübt – in den Räumen zunächst bekleidet sowie nach Geschlechtern getrennt und – nachdem die Kinder die Nacktheit im Freien erlebt hatten – auch dort nackt und gemischt. Eine Lehrprobe, zu der nur geladene Lehrkräfte und Eltern zugelassen waren, wurde durch ein Schlüsselloch beobachtet und so zu einem vermeintlichen Skandal um Nackttänze in der Schule stilisiert. Die Diskussionen darüber reichten bis in den preußischen Landtag, Adolf Koch wurde amtlich vernommen und die Kurse wurden untersagt, allerdings nur, weil er es versäumt hatte, die Schulbehörde vorab über die Art der Nutzung des Raums zu unterrichten.

Dann aber rehabilitiert hätte er den öffentlichen Schuldienst wieder aufnehmen können, doch er quittierte ihn seinerseits. Er beantragte 1924 die Gründung einer eigenen Schule. Auch wenn die Genehmigung erst im Mai 1926 erteilt wurde, war die Private heilpädagogische Körperkulturschule Adolf Koch bereits 1924 eingerichtet worden. Gymnastikunterricht fand auch im Institut für Sexualwissenschaft statt. Dessen Gründer Magnus Hirschfeld hielt seinerseits Vorträge in der Kochschen Schule. Die Schule sollte den Mangel an natürlichen Reizen von Luft, Licht, Wasser und Bewegung mit Gymnastik, Duschen, Bädern, Höhensonnen und Massagen ausgleichen. Darüber hinaus avancierte die Schule unter Leitung von Adolf Koch, Ilka Dieball und Hans Graaz aber auch zu einer Kultur- und Selbsthilfeorganisation für die ganze (Arbeiter-)Familie. Diese Schule in der Berliner Friedrichstraße war die Keimzelle für Tochterschulen in der gesamten Republik. 1931 existierten bereits 13 davon. In Schätzungen wird von rund 20.000 organisierten und weiteren 40.000 Anhängern gesprochen. Am 1. Januar 1933 hatte allein die Berliner Koch-Schule 3947 Mitglieder. Adolf Koch sah sich genötigt, den Zustrom neuer Mitglieder zu begrenzen, um das Prinzip kleiner Gymnastikgruppen nicht aufgeben zu müssen.

Mit dem „Runderlaß zur Bekämpfung der Nacktkulturbewegung“ des preußischen Innenministers vom 3. März 1933 folgte im April des Jahres ein tiefer Einschnitt: Die Schule samt Freigelände wurden beschlagnahmt und Adolf Koch erhielt Unterrichtsverbot, seine Bücher wurden verbrannt. In dieser Zeit lebte Adolf Koch zwischen Anpassung und Konspiration. Er gründete 1934 den Adolf-Koch-Bund für soziale Hygiene, Körperkultur und Gymnastik. Die GeStaPo löste die Schule endgültig auf wegen marxistischer Tendenzen und einer „Begünstigung volksschädlicher Elemente“. 1935 richtete Adolf Koch in der Kreuzberger Ritterstraße ein Institut für Eubionik ein, in dem notdürftig und illegal die Arbeit in kleinem Kreise fortgesetzt wurde. Die illegal weitergeführte Schule diente auch, Juden und anderen Verfolgten des NS-Regimes zu helfen. 1939 wurde Adolf Koch erneut zum Militärdienst eingezogen – als Sanitätsfeldwebel für Verwundetentransporte und Krankengymnastik in Marquardt nahe Potsdam. Das Berliner Institut wurde von Ilka Dieball weitergeführt, bis am 3. Februar 1945 das Quartier ausgebombt wurde.

1945 ging Adolf Koch gleich wieder ans Werk, die Organisation wieder aufzubauen und so startete er in der Neuköllner Hasenheide den Neuanfang. An die Erfolge der Weimarer Republik konnte er nicht wieder anknüpfen. Gleichwohl gelang es, eine neue Organisation aufzubauen, aus der der heutige Verein hervorgegangen ist. Dieser wurde 1951 gegründet, Adolf Koch gehörte ihm bis zu seinem Tode am 2. Februar 1970 an. Die Leitung übernahm dann Irmgard Koch, geb. Richter (* 26. Juli 1923), die sich 2003 aus dem Vereinsleben zurückzog und ihren Lebensabend bis zu ihrem Tode am 10. August 2009 in Sanitz (Mecklenburg) verbrachte.

Anlässlich des 50. Todestages von Adolf Koch hier ein Beitrag aus dem DFK Magazin vom Oktober 2020.